Lernen mit neuen Medien

Mediensozialisation

 

 

Dieter Nuhr zeigt auf humorvolle Weise, wie Medien sich in unser alltägliches Leben geschlichen haben. Wir wissen gar nicht mehr, wie ein Leben ohne Handy überhaupt funktionieren soll. Wie Medien auf die psychosoziale Entwicklung wirken, darum ging es in dieser Woche.

Über die Sozialisationseffekte von Medien sprach man nicht erst seit Beginn der elektronischen Medien. Egal um welches Medium es sich auch handeln mag, die Frage nach den Wirkungen, die auf die psychosoziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wirken, war zu jeder Zeit bedeutsam. Die Medien und deren Inhalte wurden für negative Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsentwicklung der Kinder verantwortlich gemacht. Die Sichtweise auf das Individuum hat sich geändert, es wird nicht mehr von einem sich anpassenden Teil der Gesellschaft gesprochen, sondern von einem selbstständigen, interaktiven Subjekt, der seine gesellschaftliche Umgebung mitgestaltet.

Zunächst muss zwischen den Verhältnis zwischen Medium und Subjekt unterschieden werden:

  • Medien wirken auf Menschen ein. (Passiv)
  • Menschen sind mit einer Medienkompetenz ausgestattet und setzten sich aktive mit Medien auseinander, selektieren in ihrer Medienauswahl bzw. in ihrem Inhalt.
  • Menschen und Medien stehen in Interaktion miteinander, Einflüsse werden unter dieser Wechselbeziehung gesehen.Wirkungen werden also nicht mehr direkt unmittelbar begründet, sondern anderer Faktoren und Beziehungen mit einer zeitlichen Verzögerung mit berücksichtigt

Kinder wachsen immer mehr in einer Welt auf, in der reale und mediale Erfahrungen einen ähnlichen Stellenwert haben. Mit den neuen digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien und mit einer zunehmenden Verschmelzung aller Medien zu einem komplexen System, sehen sich  Kinder in einem „digitalen Umfeld“ eingebettet. Die vielfältigen Möglichkeiten, wie Kommunikation mit mehren Freunden gleichzeitig über das Internet, Konsum, Spiele eigenes Produzieren und die Nutzung der Kreativität, werden von der neuen Generation als selbstverständlich in ihren Alltag integriert. Dies ist solange nicht problematisch, solange ein gesundes Verhältnis zur „realen“ Erfahrungen (Alpha-Welt), wie z.B. die Gabe, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und mit ihnen mitzufühlen oder eine ausreichende Identitätsentwicklung in einem realen sozialen Umfeld vorhanden ist. Die Sozialisation richtet ihren Blickwinkel auf die Interaktion zwischen Individuum und Umgebung und die persönliche Entwicklung und Selbstfindung im gesellschaftlichen Kontext betrachtet. Die Identitätsentwicklung sollte zu den wichtigsten Themen in der Medienzukunft gehören, da ich glaube, diese neben den traditionellen Einflüssen, verstärkt in der Medienwelt stattfinden wird. Medienkompetenz ist heute und in Zukunft zur Entwicklungsaufgabe selber geworden. Es geht vermehrt darum, wie ein Kind mit den eigenen Medienerfahrungen umgehen kann und um den kritischen Umgang mit der Informationsmasse und der digitalen Kommunikation. Die Schwerpunkte der Medienpädagogik und –erziehung sollten die Trennung von Realität und Fiktion behandeln, die Identitätsbildung, kritische Informationsbetrachtung und Fähigkeit zum sicheren Umgang mit digitalen Gruppen befähigen.

Der Text von D. Süss und C. Lampert hat mich dazu gebracht, einmal selber über meinen Medienumgang nachzudenken und in wieweit Medien mich in meiner Kindheit und Entwicklung beeinflusst haben. Wie ein ganz besonderes Medium mein Leben heute ein ständiger Begleiter ist und ich es nicht einmal wahrgenommen habe:  Hierzu finden sie einen weiteren Artikel (Ein Tag ohne Handy).

Literatur: Süss, D.; Lampert C. & Wijnen, Chr. W. (2010). Mediensozialisation: Aufwachsen in medialisierten Lebenswelten. In Medienpädagogik. Ein Studienbuch zur Einführung. (S.29-52). Wiesbaden: VS Verlag. / Aufenanger, S. (2008). Mediensozialisation. In U. Sander, F. von Gross & K.-U. Hugger (Hrsg.), Handbuch Medienpädagogik (S.87-92). Wiesbaden: VS Verlag.

Kommentare zu: "Mediensozialisation" (2)

  1. Klasse Video von Dieter Nuhr 🙂
    Du sprichst in deinem Text davon, dass der Umgang mit Medien „solange nicht problematisch [ist], solange ein gesundes Verhältnis zur „realen“ Erfahrungen (Alpha-Welt), … vorhanden ist. Dem stimme ich dir absolut zu. Mich würde nur interessieren, wo deiner Ansicht nach die Grenze gezogen werden sollte. Und ob man das nach der Intensität oder von der Zeit die man mit Medien verbringt, beurteilen sollte.
    Meiner Meinung nach besteht ein gesundes Verhältnis, wenn man immer noch eine gewisse Zeit auf ein bestimmtes Medium verzichten kann und auch noch andere Beschäftigungen hat, welche nicht von Medien abhängen. Das schließt für mich mit ein, dass man sich mit Freunden trifft, etwas mit der Familie unternimmt, ohne dabei ständig auf sein Smartphone zu gucken, oder eben sich nur trifft um gemeinsam Fernseh zu gucken und Computer zu spielen.
    Gruß Larsen

    • Die Grenze zu kennen, ist sicherlich genau die Problematik im Hinblick auf den Medienkonsum. Pauschalisieren kann man dies sicherlich nicht und sagen – so und soviel Zeit der Beschäftigung mit Medien ist als nicht problematisch anzusehen. Ganz individuell muss das jeder für sich selbst herausfinden, ab wann sich eine zu starke Abhängigkeit breit macht. Medien heute haben eine wirkliche Suchtgefahr, besonders das Smartphone, sodass sich wohl die Grenze immer weiter verschieben könnte. Einerseits spricht man dann von einer Notwendigkeit der Medien für den Alltag, die mit einer gewissen Medienkompetenz zu bewältigen ist, andererseits impliziert die Notwendigkeit von Medien eine steigende Abhängigkeit bzw. einen zunehmenden Medienkonsum.

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